Pro und contra Homeschooling (Teil 2)

Probleme mit Online-Unterricht: Lust und Frust an Schulen

von Letizia Klohn

Zehn Wochen Homeschooling haben wir bereits hinter uns gebracht. Das Zwischenfazit sind genervte Eltern, meist überforderte Schüler und oft planlose Lehrer. Und das obwohl sich schon einiges getan hat. Denn die Anzahl der Videokonferenzen und  Lehrerfortbildungen ist gestiegen. Doch den Lehrern/Lehrerinnen und  Schülern/Schülerinnen fehlt einfach die Erfahrung, weshalb sie immer noch nicht gut mit der Situation zurechtkommen. Da stellt man sich nur die Frage : Was bringen Videokonferenzen an einem Brückentag um acht Uhr morgens? Da ärgert man sich nur, wenn man dann die knappe Beteiligungszahl auf dem Monitor sieht. Oft fehlt auch die nötige Absprache innerhalb des Kollegiums. Das führt dann wiederum zu plötzlichen Änderungen im straffen Zeitplan. 

Natürlich ist die Situation eine besondere, sodass  keine Zeit für Vorbereitungen blieb. Dennoch wird sie womöglich noch längere Zeit andauern. Ein Umdenken ist dringend nötig. Für das schlecht funktionierende System sind aber nicht allein die Lehrer verantwortlich. Wenn das Zusammenspiel zwischen Schülern* und Lehrern* nicht funktioniert, können die Lehrer auch noch so motiviert sein. Wenn die Hilfe nicht angenommen wird, dann ist den Ferienjunkies nicht zu helfen. Jedoch darf es ihnen nicht negativ angerechnet werden. Nur Positives darf im verstaubten Klassenbuch festgehalten werden. Ist das noch Schule?

Was schließlich vermerkt wird, hängt von der Leistungsbereitschaft des jeweiligen Schülers ab. Gehört er zu den fleißigen, aber gestressten und überforderten Schülern, zu den „Verlorenen“ oder zu den Ferienjunkies (und Nullbocklern) – je nachdem ist Covid-19 ein Segen oder ein Fluch. Ein Segen ist es zum Beispiel für den Ferienjunkie, denn seine fehlenden Lösungen werden ihm nicht angekreidet. Ohne Schule hat er endlich Zeit auszuschlafen, den ganzen Tag Fernsehen zu schauen und an der Spielekonsole zu zocken, ohne dass er dafür schlechte Noten bekommt. Hingegen ist der Verlorene wirklich verloren. Egal wie sehr er sich auch bemüht, ihm fehlen zu Hause die nötigen Voraussetzungen. Die Eltern helfen ihm nicht und auch die Technik ist nicht vorhanden. Er hat schlicht weg einfach keine Möglichkeit, im Stoff voranzukommen und verliert den Anschluss. Der gestresste und überforderte Schüler versucht es jedem Recht zu machen und alles mustergültig zu bearbeiten. Doch das ist eine sehr schwierige Angelegenheit. Ihm wird es oft zu viel, weil ihm zu Hause durch den ganzen Trubel die nötige Konzentration fehlt. 

So ähnlich ist das auch bei den Lehrern. Es gibt sehr motivierte Lehrer, die die Schüler bestmöglich fördern wollen, zum Beispiel durch abwechslungs-reiche Gestaltung der Aufgaben. Und auch ihnen fehlt der echte Kontakt zu ihren Schülern.

Und dann gibt es noch die unmotivierten Lehrer. Sie stellen den Schü-lern lediglich eine Aufgabe oder schicken ihnen eine Mail mit Anhang.  Damit ist es dann auch genug. Auf ein Feedback braucht man gar nicht erst zu warten. Wozu auch? Die Schüler können es doch selbst kontrollieren. Wenn es überhaupt Lösungen gibt. Ein Link für Erklärungen ist doch da völlig ausreichend. 

Und dann bauen die Schulen noch auf die Elterninitiative. Doch das ist gar nicht so einfach. Denn auf der To-do Liste der Eltern stehen bereits viele Aufgaben. Unter anderem: Arbeiten gehen – Haushalt schmeißen -(Geschwister-)Kinder bespaßen und dann auch noch Kinder beschulen!
Doch die Schule zu managen, ist eigentlich ganz simpel. Es braucht nur eine bessere Struktur: eine Tagesstruktur.

Die digitale Schule wieder schulähnlich zu gestalten, ist hier das Hexen-werk. Hierzu könnte man die Aufgaben genau in die ursprüngliche Unter-richtszeit einstellen und wenn der Unterricht vorbei ist, geben die Schüler die bearbeiteten Aufgaben ab. Jedoch müssten dann die Aufgaben passend zur Unterrichtszeit zur Verfügung stehen. Auch der Unterrichtsstoff sollte in dieser Zeit erklärt werden. 

Aber wir sollten nicht alles schwarz malen, denn es gibt auch positive Seiten. Zum Beispiel bereitet diese ungewöhnliche Zeit uns auf die digitale Zukunft vor. Die heutige Arbeitswelt erwartet, dass wir mit digitalen Medien zurechtkommen.

Leider fehlt den Schülerinnen und Schülern beim Homeschooling aber der Kontakt zu den Klassenkameraden und Klassenkameradinnen. Soziale Kontakte sind sehr wichtig. Schließlich sind wir Menschen Rudeltiere. Hinzu kommt, dass die Interaktionen fehlen. Zum Beispiel kommen konstruktive Diskussionen so gar nicht zustande. Und wenn dann noch das Internet zu schwach ist, dann ist man komplett alleine gelassen und auf sich gestellt. 

Deswegen ist Homeschooling hierzulande eher eine Notlösung und nicht für den normalen Alltag geeignet. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Australien, steht Homeschooling bereits auf der Tagesordnung. Für Kinder, die weit weg von der Schule wohnen, ist das eine tolle Sache. Vielleicht kann man sich bei der Gelegenheit dort noch etwas abschauen. 

Generell ist Schule doch etwas Besonderes und kann mit all ihren Seiten nicht ersetzt werden. Auch wenn man das dreckige Schulklo gerne für immer hinter sich lassen würde. Und  liegt  es nicht an uns, was wir aus der Zeit mit Homeschooling machen?          

Also „stay strong, keep calm, keep going, be yourself or be nobody and have fun“.    

  • Der Lesbarkeit halber wird hier nur die Schreibweise „Schüler“, „Lehrer“ benutzt. Die weiblichen Formen sind immer mitgemeint.

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