Pro oder contra Homeschooling? (Teil 1)

Die Schüler/innen des Differenzierungskurses „Journalistisches Schreiben“ in der Jahrgangsstufe 8 haben sich in der Corona-Phase mit dem Thema „Kommentar“ beschäftigt und ihre Sicht auf das Homeschooling zu Kommentaren verarbeitet. Drei dieser Kommentare und eine Übersicht möchten wir euch hier vorstellen.

Digitales Lernen: Von der Tafel zum Tablet

von Greta Büller

Schon seit einer Ewigkeit existiert das deutsche Schulsystem in seiner heutigen Form. Und bisher wurde nie wirklich etwas daran kritisiert, bis jetzt. Zu Zeiten, in denen der Unterricht gezwungenermaßen von zu Hause aus stattfinden muss, kommt immer häufiger die Frage auf, ob „Home-schooling“ eine mögliche Alternative zu dem klassischen Unterricht wäre. Aber hat Online Unterricht wirklich das Potenzial dazu, ein seit Jahrzehn-ten bestehendes System zu ersetzen?

Was für viele ein absoluter Vorteil der aktuellen Situation ist, ist, dass man direkt aus dem Bett in den Unterricht gehen kann. Am besten noch im Schlafanzug und mit einem leckeren Frühstück dabei. Außerdem kom-men Unterrichtsstörungen deutlich seltener vor, da die Lehrer einzelne Schüler mal eben stumm schalten können. Klingt doch super! Dann müsste der digitale Unterricht doch eigentlich so ablaufen, wie der Unterricht in der Schule, nur dass er eben diese Vorteile hat – oder etwa doch nicht?

Wenn man mal genauer nachdenkt, wird den meisten schnell klar, dass es bedeutend mehr Nachteile gibt. Zum Beispiel kann sich nicht jede Fami-lie einen Computer oder ein anderes Gerät leisten, mit dem die Kinder am Unterricht teilnehmen können. Oder aber in einer Familie steht nur ein Computer zur Verfügung und diesen brauchen mehrere Personen gleich-zeitig. Was macht man dann als Familie? Sicher, an manchen Schulen gibt es Angebote, bei denen Familien einen zuvor gespendeten oder ausgeliehe-nen Computer erhalten können. Aber findet man dafür heutzutage über-haupt genug Personen, die dazu bereit sind, ein funktionierendes Gerät abzugeben? Oder ist die Gesellschaft dafür zu geizig und egoistisch  gewor-den? Auch ob wirklich genug Geräte zur Verfügung stehen und wie vielen Familien wirklich die technischen Möglichkeiten fehlen, kann man schwer sagen. Denn mal ganz ehrlich, wer gibt schon gerne zu, dass er nicht die Möglichkeit hat, sich einen Computer oder ähnliches zu leisten? Genau, niemand. Und das ist der Beginn eines weiteren Problems.

Niemand kann genau sagen, wie viele Kinder und Jugendlichen die Aufga-ben nicht bearbeiten können oder es auch einfach nicht wollen. Nun denken sich wahrscheinlich viele, dass die Eltern doch dafür zuständig sind, zu kontrollieren, ob die vorgegebenen Aufgaben bearbeitet werden. Aber was sollen denn Eltern machen, die berufstätig sind und nicht die Möglichkeit haben, ständig die Kinder zu beaufsichtigen? Es ist ja schließ-lich nicht möglich, für alle davon betroffenen Kinder eine Aufsicht zu finden. Auch bei den Unterrichtsstunden per Videokonferenz kann der Leh-rer nicht immer kontrollieren, ob die Schüler wirklich aufpassen oder doch gerade am Handy zocken. Wenn dem so ist, hängen die Schüler und Schüle-rinnen irgendwann mit dem Stoff hinterher, ohne dass jemand Notiz davon genommen hat.

Was viele nicht bedenken, ist, dass die Schulen viel mehr als nur ein Ort zum Lernen sind. Natürlich ist dies die Hauptfunktion, aber für Schüler*innen ist die Schule ein wichtiger Ort für soziale Kontakte. Denn  das Bearbeiten von Aufgaben in der Klasse ist abwechslungsreicher und macht auch deutlich mehr Spaß als alleine zu Hause am Schreibtisch. Aber nicht nur für die Schüler ist das direkte Kommunizieren wichtig. Die Lehrer erkennen oft an den Reaktionen der Schüler, ob ein Thema verstanden wurde oder nicht. Allgemein wird die Gestaltung und Vorbereitung des Un-terrichts erheblich schwieriger, wenn dieser nur noch digital stattfinden würde. Referate, das Vorspielen von Dialogen und Gruppenarbeiten wären nicht mehr in ihrer alten Form möglich.

Außerdem wäre ein weiterer wichtiger Bestandteil des Schulsystems,  näm-lich das Schreiben von schriftlichen Überprüfungen, quasi nicht mehr mög-lich. Ob gemogelt wird, ist per Video nicht nachvollziehbar. Dadurch müsste die mündliche Mitarbeit erheblich mehr zählen, was mehr Spielraum für Ungerechtigkeit gibt und schüchternen Schülern Nachteile bringt.

Mal abgesehen von all diesen Nachteilen, müssten bei einer Umstellung auf digitalen Unterricht natürlich auch die Serverkapazitäten gegeben sein. Es ist schließlich nicht Sinn der Sache, dass die Schüler*innen wegen eines überlasteten Netzwerks ihre Aufgaben nicht bearbeiten können. Bevor ein rein digitaler Unterricht genauso effektiv wie „normaler“ Unterricht in der Schule ist, müssen noch einige Probleme behoben werden. Sowohl im technischen als auch im gesellschaftlichen Bereich. Und selbst dann wird es wahrscheinlich nicht möglich sein, dass alle Schüler unter denselben Bedin-gungen arbeiten können. Dauerhaft wäre es am besten, beim klassischen Unterricht in der Schule zu bleiben, doch ein wenig Digitalisierung an deut-schen Schulen würde nicht schaden. Das wäre doch ein guter Kompromiss für die Zukunft! 

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