Rouladen-Kunst und Smartphonenutzung – Generationenvergleich

Rouladen-Kunst und Smartphonenutzung – Generationenvergleich

Völlig verstört schaut die 78-jährige Monika auf ihr Smartphone. „Gruß Nazi“. Sie kann es deutlich lesen. Warum beendet ihre Tochter Nadia die Textnachricht mit so einem fürchterlichen Gruß?
Gedanken an die Kindheit machen sich breit, die traumatische Nazizeit in Deutschland. Monika hat die Sorgen und Ängste von früher noch gut in Erinnerung.
Die alte Dame ist vielseitig interessiert. Der Kontakt zu Kindern und Enkeln liegt ihr sehr am Herzen. Im letzten Jahr zu Weihnachten hat sich ihre Tochter dafür eingesetzt, dass Monika auch ein Handy bekommt.
Nun genießt sie auch wie „die Jugend“ die tägliche Unterhaltung durch das Smartphone. Sudokuapps sind ihre große Leidenschaft, mit Youtubemitschnitten klassischer Konzerte verbringt sie ihre Nachmittage. Doch das Beste ist der zügige Kontakt zu ihrer Tochter Nadia und den beiden Enkeln Luka und Stella.
Und nun sowas! Nazigrüße!
Luka ist in der 4. Klasse und fiebert dem Tag entgegen, endlich auf die weiterführende Schule zu kommen. Denn dann endlich bekommt auch er ein Smartphone. Das ist der Deal in seiner Familie. Seine große Schwester hat schon seit drei Jahren ein Smartphone und er bekommt so einiges mit. Die coolsten TikTok Trends, die neusten Meldungen angesagter YouTuber.
So unterschiedlich die Lebenslagen der einzelnen Interviewpartner sind, so unterschiedlich ist auch ihre Einstellung und die Herangehensweise zum Thema Smartphones. Der 3-Generationenhaushalt der Familie Koch war so freundlich, uns für unsere Reportage Einblicke in Nutzen und Tücken der Technik zu geben.
Mutter Nadia lacht auf, als Omas schon oft berichtete „Nazi-Geschichte“ angesprochen wird. Oma Monika ist mit den Basisfunktionen des Smartphones vertraut, doch dass mal mit der Texterkennung in aller Eile ein Fehler unterlaufen kann, davon hat sie noch nie gehört. Aus ,,Nadi“ wurde ,,Nazi“, zack, versendet.
Heute eine tolle Geschichte für die Familie, damals aber ein Riesenschreck für Monika.
Die Expertin im Haus ist natürlich Stella, zwölf Jahre alt und ein Mädchen der digitalen Welt. Sie „zockt“ mit ihren Freundinnen Onlinespiele am PC, das Smartphone ist quasi an der Hand festgewachsen. Wer immer eine Frage hat, Stella weiß Bescheid.
Warum?
Niemand hat ihr lange erklärt, wie alles funktioniert, sie kann es einfach. Genau so, wie Oma „einfach“ Rouladen zubereiten kann, beste Hausmittel kennt, Spitzen sticken kann und weiß, welcher Vogel gerade im Garten singt. Übung macht den Meister.
Auf Nachfrage beim Medienpädagogen Frank Ulmann verdeutlicht dieser die Wichtigkeit des natürlichen, unbefangenen und häufigen Umgangs mit einem Themengebiet. So ist es nur logisch, dass im Generationenverlauf Selbstverständliches, Alltägliches und Interessen variieren.
Könnte Lukas Spatzengesang von Meisen unterscheiden? Wenn ein Stickfehler in einer Spitze ist, würde Stella garantiert keine Lösung wissen, wie dieser zu beheben ist. Und der letzte Rouladenversuch von Nadia war genauer gesagt ein gesalzenes Experiment.
Die neuen Generationen passen sich also immer dem Umfeld und somit den Fortschritten an. So hat jede Generation andere Gewohnheiten, andere Interessen und andere Schwerpunkte.

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