Ein Euro ist kein Euro – Oder etwa doch?

Sehr geehrte Leserschaft,

dieses Mal geht es in unserer Rubrik „Alltagsprobleme“ nach langer Zeit endlich mal wieder um eine richtige Fragestellung mit Relevanz. Ausnahmsweise wird nicht über unnütze Kontroversen und sinnlose Gewissenskonflikte geredet. Diesmal geht es um Folgendes:

Dank G8 hängen die meisten Mitglieder unserer Schülerschaft den ganzen Tag zuhause rum und schlafen über Bergen von Hausaufgaben fast schon am Schreibtisch ein. Der ein oder andere versucht wahrscheinlich noch, das Lieblingshobby einmal in der Woche auszuführen. Und damit ist dann auch Schicht im Schacht.

Nein, liebe Leser, es folgt hier nicht wieder ein seitenlanges Plädoyer über die Belastung der heutigen Schüler. Der Punkt, den wir ansprechen möchten, liegt in einer etwas anderen Problematik. Aufgrund der wenigen Freizeit, die den Schülern heutzutage noch bleibt, kommt man einfach kaum noch vor die Tür. Die Zeit der Sekundarstufe 2 überschneidet sich aber leider mit einer ganz bestimmten Phase des Erwachsenwerdens. Die Tage des Fangen-Spielens auf dem Schulhof sind genauso vergessen und in die Kiste mit Nostalgien gepackt wie die Worte „Ihhh, Jungs! – Baaah, Mädchen!“. Und nun kommt auch einmal die Zeit, in der das eine Votum für mal richtig abfeiern und die Sau rauslassen steht, das andere allerdings auch für Folgendes: Oberstufenschüler kommen in das Alter, in dem man auch einfach mal gerne „einen trinken gehen“ möchte. Es geht nicht ums Saufen, es geht ums Ausgehen. Mädchen kommen in den Wahn, alle ihre Hollywooddates verwirklicht sehen zu wollen, Jungs in die Bredouille, ihrer frisch angelachten Freundin die wöchentlichen Männerabende zu erklären. Mädchen hören auf mit dem Zickenkrieg und fangen an, zusammen essen zu gehen. Spieleabende werden in Bars oder Bistros verlegt. Kurzum: die Meinung der Jugendlichen zum Thema „etwas unternehmen“ ändert sich.

Das ist ja auch alles gut und schön. Nur leider kommt der Punkt, an dem aus einem entspannten Abend ein seelisches Dilemma werden kann. Nämlich dann, wenn die Rechnung auf dem Tisch landet. Nicht, dass wir Schüler aus Prinzip nichts zahlen wollen würden! Herrgott, nein! Wir geben unser Geld bereitwillig für alles Mögliche her: die neuesten Modetrends und Markenklamotten, das neue Smartphone, unsere Lieblingssüßigkeiten und nicht zuletzt Zuwächse für unsere Playstationspielesammlung. Das Problem liegt an ganz anderer Stelle: dem Trinkgeld.

Trinkgeld geben ist so eine Sache – irgendwann fing es damit an, als jemand als Erster in der Runde begann, Sätze wie „Stimmt so“ oder „Machen Sie 18 draus“ zu formulieren. Und dann zog jeder natürlich mit. Aber muss man das wirklich? Fakt ist: Trinkgeld geben ist keine Pflicht. Niemand sollte sich gezwungen fühlen, dem Kellner ein paar Euro mehr zu geben als notwendig. Aber die Sache mit dem Trinkgeld ist ein wenig wie der Grund, warum man zum „Partyraucher“ wird: Alle anderen machen es auch.

Ist daran denn etwas verkehrt? Nein, natürlich nicht. Jeder darf Trinkgeld geben, so wie er nun mal will. Aber nur weil der eine Freund fünf Euro mehr auf den Tisch legt und der andere nur 20 Cent, sollte das noch keine Aussage über deren Charakter machen. Wie viel Trinkgeld man gibt, sollte nicht etwa von den Geldbeträgen der anderen, sondern viel mehr von der eigenen Meinung über den erbrachten Service und vielleicht einem Blick in die eigene Brieftasche abhängen. Und nein, das hat nichts mit Geiz zu tun. Wer immer noch glaubt, dass Geiz wirklich geil ist, der sollte sich mal mit globaler Finanzpolitik auseinandersetzen. Aber hier geht es um etwas Anderes:

Das Problem unserer Generation ist ein generelles Problem. Es ist das Problem der Pauschalisierung. Der eine liket etwas Kontroverses auf Facebook, gut, dann ist er ein Arschloch. Der andere kommt samstags nicht mit auf die Party, gut, dann ist er ein Nerd. Der eine gibt ein wenig mehr Trinkgeld, gut, dann ist er ein Angeber. Der andere gibt nur wenig Trinkgeld, gut, dann ist er ein Geizhals.

Man kann hier aber eigentlich niemanden für irgendetwas beschuldigen. Fest steht nur, dass man aus einer Teilaktion, die man zufällig mitbekommt, gerne eine Gesamtaussage macht. Und nur mitzuziehen, weil man denkt, dass man dadurch sein Image aufbessert, kann nicht der richtige Weg sein. Ja, es gibt diese Regelung, man solle ungefähr 10% des Preises als Trinkgeld geben. Dazu sagt die Geldbörse dann aber auch gerne mal „Nein.“. Das darf sie auch – wir sind nur Schüler und wohl kaum einer von uns hat bereits eine Festanstellung und ein sicheres Gehalt vorzuweisen.

Durch die Sache mit G8 wird die ganze Problematik noch schwieriger für uns, denn je weniger man etwas unternehmen kann, desto weniger kann man sich auch auf solche Probleme einstellen.

Nehmt es nicht so ernst, was andere in der Runde über euch denken könnten oder nicht. Versucht, das Trinkgeld entsprechend des Services zu geben. Wenn ihr wirklich keinen müden Pfennig mehr übrig habt, macht das auch nichts: der Kellner wird euch schon nicht verfolgen und massakrieren, nur weil er einmal keine zwei Euro mehr erhalten hat. Und wer wirklich keine Ahnung hat, in welcher Größenordnung er bezahlen soll: Rundet einfach auf den nächsthöheren, halbwegs geraden Betrag auf. Jungs, bei einer hübschen Kellnerin darf es auch ein Euro mehr sein.

Lena Kricsfalussy (Q2)

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