Vertretungsunterricht – Ein umstrittenes Thema

img_3080Wer kennt das nicht? Man kommt in die Schule, begrüßt seine Freunde und wirft einen Blick auf den Vertretungsplan. Na super, die erste Stunde entfällt, weil der Mathelehrer nicht da ist. Nun ist man eine Stunde früher aufgestanden, nur um im Klassenraum zu sitzen und bestenfalls Vertretungsaufgaben zu machen, die der stellvertretende Lehrer möglicherweise mitgebracht hat.

Doch warum das Ganze? Warum werden Schulstunden vertreten, wenn Lehrer ausfallen? Warum kann man den Schülern nicht frei geben? Vertretungsunterricht ist allerdings keine Idee des Direktors oder der Lehrer. Die würden auch lieber andere Dinge tun, als in Freistunden Kollegen zu vertreten. Nein, die Antwort auf diese Fragen steht im Schulgesetz. Grundsätzlich muss man dabei erst einmal zwischen den Klassenstufen unterscheiden, denn beim Umgang mit Stunden, in denen der eigentliche Fachlehrer fehlt, existieren Differenzen.

Der Unterricht in den Klassen der Fünft- und Sechstklässler dürfe nie ausfallen, erklärt der Schulleiter Stephan Wippermann-Janda. Die Eltern müssen sich darauf verlassen können, dass während der regulären Schulzeit auf die Kinder geachtet wird, denn die Schule sei in der Zeit dafür verantwortlich. Auch könne es sein, dass einige der jüngeren Kinder noch keinen eigenen Schlüssel haben. Wenn dann kurzfristig Unterricht ausfallen würde und die Eltern noch nicht zu Hause wären, hätten diese Schüler ein Problem.

Für Schüler der siebten, achten und neunten Klasse ist das Gesetz ein wenig lockerer. Es besagt, dass möglichst kein Unterricht ausfallen soll. Man geht davon aus, dass die Schüler mittlerweile einen gewissen Grad an Selbstständigkeit erlernt haben und alleine nach Hause kommen. Daher können Randstunden auch manchmal ausfallen.  Gerade im Winter, wenn Grippe und Erkältung umgehen, lässt sich der Ausfall von Randstunden nicht verhindern, denn dann werden auch die Lehrer einmal krank. Seien aber genug Lehrer da, solle immer vertreten werden und  im Mittelteil des Tages ließe man generell keine Schulstunden entfallen, betont Herr Wippermann.

„Die Oberstufe hat es gut, da fallen die Stunden immer aus, wenn der Lehrer fehlt, sie haben frei und müssen nichts mehr machen!“

Das denken sich bestimmt einige der jüngeren Schüler. Doch in Wirklichkeit ist das nur die halbe Wahrheit. Es steht zwar auf dem Vertretungsplan, dass eine Stunde „entfällt“, aber so einfach ist es nicht. Es gibt den sogenannten EVA-Unterricht. EVA ist eine Abkürzung für „EigenVerantwortliches Arbeiten“. Das bedeutet, dass der jeweilige Lehrer seinem Kurs Materialien oder Aufgaben zukommen lässt, welche die Schüler selbstständig bearbeiten sollen. Sie müssen für diese Zeit nicht in der Schule bleiben und können eigenverantwortlich entscheiden, wann und wo sie sich mit den Arbeiten beschäftigen. „Wenn ich mehrere Wochen krank war, kann ich natürlich nicht alle Aufgaben, die ich meinem Kurs gestellt habe, kontrollieren“, wendet der Schulleiter ein. Aber an sich scheint dieses System zu funktionieren.

Doch ist diese Trennung zwischen Oberstufe und den unteren Klassen sinnvoll? Eine neunte Klasse hätte heute eigentlich Nachmittagsunterricht gehabt, doch der Lehrer ist plötzlich krank geworden und kann nicht kommen. Allerdings konnte er auch keine Aufgaben für die Schüler bereitstellen und so hat die Klasse statt Mathematik zwei Stunden Sport. Keiner hat Sportkleidung dabei, denn gestern wusste ja noch niemand davon. Doch die Klasse muss trotzdem über die Mittagspause in der Schule bleiben. „Inhaltlich bringt das nicht so viel“, bestätigt auch der Schulleiter, aber man müsse sich nun einmal an das Gesetz halten.

Vertretungsunterricht bleibt ein umstrittenes Thema. Aber könnte man den Nachmittagsunterricht nicht generell ausfallen lassen, wenn der jeweilige Lehrer nicht kommt? Die Schüler hätten so einen Nachmittag mehr, an dem sie nicht in der Schule sind, und könnten etwas Sinnvolleres anfangen als in einer Mathematikstunde Sport zu treiben. Wie realistisch die Umsetzung dieses Vorschlags ist, ist eine andere Frage, aber auch als Schüler wird man ja wohl noch hoffen dürfen…

Clara Neumann (9c)

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