Ärzte am Limit

Der dauerhafte Personalmangel in Krankenhäusern behindert den Arbeitsalltag

Dienstag 17:30. Normalerweise wäre Claudia E, eine Chirurgin eines Düsseldorfer Krankenhauses, schon längst zu Hause. Stattdessen ist sie geradewegs auf dem Weg in den OP. Geplagt von Kopfschmerzen und Erkältungssymptomen  zieht sie sich erschöpft den Kittel an. Obwohl sie krank ist, muss sie die Operation ihres Kollegen übernehmen und das nicht zum ersten Mal. Allmählich überlegt sie, einen Berufswechsel in Erwägung zu ziehen. Damit ist sie nicht alleine, denn so ergeht es vielen Ärzten und insbesondere dem Pflegepersonal. Das ständige Arbeiten am Limit führt oft zu physischer, aber auch psychischer Überlastung. Schon im Rahmen des Studiums war den angehenden Ärzten bewusst, was sie erwartet, aber die Realität ist viel schlimmer als gedacht. Schließlich sind sie ohnehin schon beeinträchtigt durch das Leid und die Schicksalsschläge mit denen sie täglich konfrontiert werden. Aber worauf ist das Ganze zurückzuführen? Die Hauptursache scheint der Personalmangel zu sein. Der ganze Stress, der dadurch entsteht, kann bspw. die Zusammenarbeit erschweren, was wiederum zu Fehlern führen kann. D.h auch die Patienten werden dadurch gefährdet. Das denkt auch Claudia. „Wenn nicht genügend Kollegen da sind, bleibt weniger Zeit für die jeweiligen Patienten. So ist man ständig unter Druck.“ 

Auch in der Pflege sieht es schlecht aus. Es gibt nämlich durch die bereits genannten Probleme und die geringen Gehälter weniger  Nachwuchskräfte, aber demographisch bedingt immer mehr Pflegebedürftige. Claudia erzählt: „Ich habe den Beruf gewählt, weil es mich erfüllt anderen Menschen zu helfen. Von Anfang an hat mich der Beruf fasziniert, da er sehr facettenreich ist und täglich neue Dinge passieren. Ich versuche stets das positive zu sehen, allerdings macht die fehlende Zusammenarbeit den Beruf deutlich anstrengender und die Belastung pro Person steigt enorm. Oftmals fällt es mir einfach sehr schwer, noch Spaß an meinem Job zu finden, wenn die derzeitigen Umstände so schlecht sind.“ 

Im Krankenhaus sieht es nicht gerade besser aus als in der Pflege. Den Ärzten fehlt nämlich ebenfalls der Nachwuchs. Mehr als ein Fünftel aller Ärztinnen und Ärzte  sind bereits über 60 Jahre alt und stehen damit kurz vor dem Ruhestand. Auch wenn die Anzahl der Medizinstudierenden jährlich steigt, ist das Ausmaß der ausscheidenden Ärzte dennoch größer. Dazu kommt, dass einige Ärzte in die Forschung wechseln, da dieser Beruf  eine durchaus gute Alternative sein kann. Außerdem ist der Anteil an Freizeit größer und das Gehalt befindet sich trotzdem im selben Bereich. Zukünftig wird es durch das steigende Durchschnittsalter der Bevölkerung immer weniger Menschen im erwerbsfähigen Alter geben und die Situation könnte sich verschlechtern. Schwester Daniela, eine Pflegekraft im gleichen Krankenhaus: „Ich überlege mir ernsthaft, obwohl ich hier schon seit 20 Jahren arbeite, in eine Leiharbeitsfirma zu wechseln. Hier melden sich die jungen Leute ständig krank und ich muss Schichten übernehmen, bekomme weniger Geld und muss mehr arbeiten.“Die aktuelle Personalsituation ist Ausdruck der Finanzierungsproblematik des deutschen Gesundheitssystems. Vielleicht sollte man die gesamte Finanzierungssituation überdenken. 

You may also like...