Das stille Leiden der Kinder

Der Berufsverband für Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) warnt, die Kinder leiden still. Mancherorts wird
von einer Triage in Psychiatrien gesprochen
.

Nach der COPSY Studie der Universitätsklinik Eppendorf in Hamburg fühlen sich 80 % der Kinder nach dem zweiten Lockdown seelisch belastet. Jedes dritte Kind leide unter psychischen Auffälligkeiten, unter anderem haben sich auch Schweregrad und Ausprägung verstärkt. So werden auch im Homeschooling Erwartungshaltung und Rückstände größer. Durch den Lockdown rutschen immer mehr Kinder in eine soziale Isolation, was in vielen Fällen zu Depressionen, Essstörungen oder Zwangsstörungen führt. So wurde beispielsweise auch bemerkt, dass viele der jungen Menschen ihre Grundbedürfnisse nach Nähe und Verbundenheit unterdrücken, nur um ihr Umfeld glücklich zu
machen. So freuen sich viele Eltern, wenn die Kinder sich wenig treffen, um Kontakte zu vermeiden.
Das kostet die Kinder jedoch viel Energie und ist auf lange Zeit sehr ungesund. Dies kann man mit dem Verliebtsein in eine Person vergleichen, die einen nicht zurück liebt. Um von der Person nichts mehr wissen zu wollen, werden Gefühle unterdrückt und nach ein paar Wochen empfindet man nichts mehr. Wenn das nun aber über ein Jahr bei Großeltern, anderen Verwandten oder Freunden gemacht wurde, hat das schlimme Auswirkungen.

Der BVKJ warnt, dass der schlimmste Punkt noch nicht erreicht sei, weil die Situation bei einigen Kindern noch verdeckt ist. Die Familien gehen allein damit um und das Umfeld bemerkt nichts von diesen Problemen. So wird von einem stillen Leiden der Kinder gesprochen. Hinsichtlich der bereits erkannten psychischen Erkrankungen benötigen die Kliniken in einigen Orten doppelt so viele Plätze wie vorhanden. Professor Tobias Renner, Leiter der Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Universitätsklinik Tübingen, berichtet allerdings, dass die Patientenzahl zwar zugenommen hat, aber keinesfalls von einer sogenannten Triage die Rede sein kann. In einem medizinischen Kontext wird von einer Triage gesprochen, wenn die Behandlungsreihenfolge von Patienten nach Schwere ihrer
Erkrankung oder Verletzungen eingeteilt werden müssen. Im Falle der überlasteten Psychiatrien heißt das, dass zum Teil nur noch suizidgefährdete Personen aufgenommen werden und „nur“ Depressive keinen Platz mehr finden.

Vor diesem Hintergrund schlägt nun der BVKJ Alarm, die junge Generation werde vernachlässigt. Für
viele Altersgruppen gibt es Öffnungen, nur für die Jüngeren nicht, obwohl bei diesen nachweislich
eine Covid-19-Infektion weniger schwer verläuft.

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