Das zweite Moria?

Wenn bei uns die Heizung, der Strom oder das Wasser ausfällt, kostet es uns meistens nur einen Anruf und ein paar Stunden später ist alles wieder in Ordnung. Anders ist es in dem Flüchtlingslager in Lipa.

Das Camp befindet sich in dem Land Bosnien in der Nähe der Grenze zu Kroatien. Dort leben etwa 1300 Menschen, die aus verschiedenen Gründen ihre Heimatländer verlassen haben. Aber sie alle haben das gleiche Ziel: sie wollen sich ein neues und besseres Leben in der Europäischen Union aufbauen. Das Problem ist jedoch, dass die Grenze zu Kroatien, und damit auch der Weg in die EU, geschlossen ist. Deshalb stecken mehr als tausend Flüchtlinge in Bosnien fest. Die Lebensbedingungen sind dort sehr schlecht. Es gibt keinen Strom- oder Wasseranschluss, kaum Sanitäranlagen und es leben viel zu viele Menschen dort. Dazu kommt noch, dass in Bosnien gerade Winter ist. Die einfachen Zelte schützen nur wenig vor der Kälte und dem Schnee.

Eigentlich sollte das Camp, welches ursprünglich nur als Übergangslösung vorgesehen war, bereits im März 2020 geräumt oder zumindest winterfest gemacht werden. Aus finanziellen Gründen wurde dies aber nicht durchgeführt. Daraufhin hat am 23. Dezember 2020 die Internationale Organisation für Migration (IOM) beschlossen, das Lager endgültig zu räumen. Mit Bussen sollten die Bewohner in eine ehemalige Kaserne im Süden des Landes gebracht werden. Dieser Versuch scheiterte allerdings an den Protesten der Anwohner und der örtlichen Behörden. Nachdem die Flüchtlinge einen Tag und eine Nacht in den Bussen verbracht hatten, wurden sie letztendlich wieder zurück nach Lipa gebracht. Das Problem ist aber, dass das Camp in der Zwischenzeit fast vollständig niedergebrannt war. Die letzten Bewohner hatten kurz vor der Räumung Zelte und Container in Brand gesteckt. Da zu diesem Zeitpunkt nur noch wenige Menschen dort waren, wurde zwar niemand verletzt, das Lager ist nun aber unbewohnbar. Die mehr als 1000 Bewohner mussten daraufhin bei Temperaturen um den Gefrierpunkt unter freiem Himmel schlafen. Anfang Januar haben bosnische Soldaten angefangen, notdürftige Zelte aufzustellen. Hilfsorganisationen versorgen die Flüchtlinge mit Lebensmitteln, warmer Kleidung und Schlafsäcken. Die EU hat Bosnien Geld gegeben, mit der Aufforderung, die Bedingungen möglichst schnell zu ändern. Aus Protest gegen die anhaltend schlechten Bedingungen sind die Flüchtlinge zeitweise sogar in einen Hungerstreik gegangen. Diesen beendeten sie jedoch nach einigen Tagen wieder.

Die wohl einfachste Lösung des Problems wäre, die Flüchtlinge in das nahegelegene und leerstehende Flüchtlingscamp Bira in Bihac zu bringen. Aber die Anwohner wollen die Flüchtlinge nicht und versperren die Eingänge des Camps und drohen sogar mit Gewalt, falls die Flüchtlinge dorthin gebracht werden. Auch in der EU hat sich bisher kein Land dazu bereit erklärt, Migranten und Migrantinnen aus Lipa aufzunehmen.

Wie sich die Situation entwickelt ist ungewiss. Klar ist jedoch, dass kein Mensch unter solchen Lebensbedingungen leben sollte.

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