Hat der Beruf des Lehrers eine Zukunft?

Voller Vertretungsplan, viel Entfall. Wenn Schüler so etwas sehen, ist das Gejubel groß. Es wird freudig an alle bekanntgegeben und weitererzählt. Die Schüler freuen sich ausgiebig über den ausfallenden Unterricht oder eine entspannte Stunde mit einem anderen Lehrer. Für Lehrer bedeutet dies aber nur, noch mehr Arbeit und Zeit, die sie investieren müssen. Genau das ist die Situation, der sich viele Lehrer heutzutage in den Schulen stellen müssen. Aber wie kommt es dazu?
In vielen Grundschulen gibt es einfach nicht genug Lehrkräfte. Die Zahl der unbesetzten Stellen wird vom deutschen Lehrerverband mittlerweile auf fast 30.000 fehlende Lehrkräfte geschätzt. In NRW sind es 2.140 unbesetzte Stellen. Damit ist es das am stärksten betroffene Bundesland in Deutschland. Besonders dramatisch ist die Lage in den Grundschulen. Einer der Hauptgründe für den steigenden Mangel ist, dass viele der erfahrenen Lehrkräfte in den Ruhestand gehen und sich nicht genug junge Menschen für den Lehrerberuf entscheiden.
Allein heutzutage sind es nur noch 70.000 Studenten, die auf Lehramt studieren. Benötigt werden jedoch um die 105.000 Lehrkräfte.
Ein weiterer Grund ist, dass es zu einem sehr starken Anstieg von Schülern, vor allem bei Grundschülern gekommen ist. Begründet ist dies unter anderem durch die aktuelle Flüchtlingssituation. Im folgenden berichtet uns Sigrid Hagemann, eine Grundschullehrerin aus Langenfeld (NRW), in einem Interview über die aktuelle Situation an ihrer Schule. Was ist die optimale Klassengröße in einer Grundschule?
Hagemann: Die optimale Klassengröße ist 20 Schüler. Diese wird aber so gut wie immer überschritten. Das Problem an der Sache ist jedoch, je größer die Klassen werden, desto weniger Zeit hat man, sich um einzelne Kinder zu kümmern. Wie ist die Vertretung an ihrer Schule geregelt?
Hagemann: In Grundschulen gibt es keinen Entfall, da immer ein Lehrer vertreten muss. Außerdem müssen die Kinder bis mindestens 11:30 Uhr betreut werden.Meistens kommt ein Vertretungslehrer in die Klasse oder die Schüler werden in andere Klassen aufgeteilt. Jedes Kind weiß schon vorher Bescheid, in welche Klasse es in diesem Fall muss. Dies hat zur Folge, dass die bestehenden Klassen noch größer werden und guter Unterricht noch schwerer möglich ist. Wie wird der ausfallende Unterrichtsstoff nachgeholt?
Hagemann: Der vertretende Kollege holt den Unterricht mit den Kindern nach, oder die Schüler arbeiten an ihrem Wochenplan weiter. Trotzdem kann Vertretungsunterricht die regulären Stunden nie ganz ersetzen.
Was sind die Folgen des Lehrermangels an der Schule?
Hagemann: An unserer Schule ist momentan zum Glück kein Lehrermangel. Auch bei uns ist mal ein Lehrer krank, aber das können wir gut auffangen. An den Schulen, wo Lehrermangel herrscht, ist es oft so, das ein Lehrer zwei Klassenführungen übernehmen muss. Außerdem kommt es auch dazu, dass die Klassen immer größer werden. Welche Maßnahmen unternimmt die Schule, um den Lehrermangel zu stoppen?
Hagemann: Die Schule kann eigentlich nichts dagegen machen. Das Schulamt entscheidet darüber, wo die Lehrer gebraucht werden und wo sie eingesetzt werden. Momentan, wird überlegt, ob alle Lehrer pro Woche eine unbezahlte Unterrichtsstunde mehr arbeiten müssen. Wird es Maßnahmen geben, um den Beruf des Lehrers attraktiver zu machen?
Hagemann: Das Gehalt der Grundschullehrer soll an das der anderen Lehrer angepasst werden. Doch nur eine bessere Bezahlung wird an der jetzigen Situation wenig ändern. Marode Schulgebäude, große Klassen und ein Beruf, der wenig angesehen wird, sind weitere Gründe, weshalb immer weniger Menschen diesen Beruf wählen. Deutschland liegt mit seinen Bildungsausgaben unter dem europäischen Durchschnitt. Wir müssen endlich beginnen, mehr in unsere Zukunft zu investieren, denn wir Kinder sind die Zukunft unseres Landes.

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