Oberstufe vs. Sixth Form

Kommt man am K-A-G in die Oberstufe, bringt das viele Veränderungen mit sich. Keine Klassen mehr, sondern Kurse, Zutritt zum Oberstufenraum etc.

Doch wie sieht das im Vergleich zu anderen Ländern aus? Nehmen wir einmal Großbritannien. Was unterscheidet die Oberstufe, hier Sixth Form genannt, am Spires College, einer Schule in Torquay/Devon, von der am K-A-G? Und welche Privilegien haben Sixth Former gegenüber jüngeren Schülern?

Bleiben wir erst einmal beim Oberstufenraum. Diesen betreten zu dürfen, ist ein Privileg, dem manche schon seit der fünften Klasse entgegenfiebern. Ein kleiner Raum, in dem Unterstufenschüler nicht zugelassen sind, ein paar Sofas, eine Fensterbank zum Sitzen und Tische. Zum Hausaufgaben machen ist der nicht immer gut geeignet. Besonders in den Pausen ist es da laut und für drei Stufen ist der Raum ziemlich klein. Aus dem Grund ist es ab und zu ziemlich stickig und Lüften geht nicht so gut, da so der Lärm von den Schülern draußen zu hören ist.

Auch am Spires College gibt es einen Oberstufenraum, wobei man dort von Räumen sprechen muss oder einfach direkt vom „Sixth Form Centre“. Insgesamt gibt es dort fünf Räume, die Büros vom Head of Sixth Form und Assistant Head of Sixth Form ausgenommen. Einer davon ähnelt dem Oberstufenraum am K-A-G, nur größer. Es gibt Sessel und Tische, aber auch ein

Schachbrett und ein Radio. Morgens vor der Schule wird als erstes der Radiosender ausgewählt. Zudem ist der ganze Raum so eingerichtet, dass alle miteinander reden. Die Sessel sind nebeneinander und formen ein großes U. Der Raum ist ideal zum Quatschen und Ausruhen. Und was wichtig ist, man kann hier einfach lüften, indem man die Fenster aufmacht und ohne den Lärm von jüngeren Schülern zu hören. Die Fenster gehen nämlich zum hinteren Schulhocoff raus, wo sich niemand aufhält.

Der angrenzende Raum hat eine ähnliche Funktion. Dort gibt es aber nur Tische und Stühle, sowie eine Küche mit Mikrowelle und Kühlschrank. Hinzu kommt ein Automat mit Süßigkeiten und Soft Drinks. In diesem Raum kann man ebenso gut quatschen wie auch essen. Dank Mikrowelle kann man sich mitgebrachtes Essen aufwärmen oder sich in der Schulmensa etwas holen. Der Raum ist zwar größer als der am K-A-G, dennoch herrscht auch hier ab und zu Stuhlmangel, da Sixth Former ihre gesamten Pausen im Sixth Form Centre verbringen. Der Schulhof wird nur von den Kleineren genutzt.

Die restlichen drei Räume sisdrnd Computerräume. Einer ist absolute Ruhezone und dort darf weder gegessen noch getrunken werden. Natürlich ist es ab und zu etwas lauter, aber immer leise genug, um Hausaufgaben zu machen. In den anderen beiden Räumen darf man etwas lauter mit den Freunden reden. Viele verbringen hier ihre „Study Periods“. Das sind Freistunden, in denen man in der Schule bleiben muss. Diese eignen sich, um Hausaufgaben zu machen oder um einfach zu entspannen. Zwar gibt es am K-A-G das Selbstlernzentrum, das Oberstufenschülerinnen und -schüler nutzen können, aber davon macht keiner so richtig Gebrauch. Hier ist das anders. Die Computer werden oft genutzt, was auch damit zusammenhängt, dass man hier viel mehr Rechercheaufgaben macht.

Das führt dann gleich zum nächsten Thema: Unterricht. In Deutschland gibt es ab der Oberstufe Kurse, also keine Klassen mehr. Genauso ist das auch in England. Jedoch gibt es am Spires keine Klassenräume, sondern Lehrerräume. Während Sixth Former einfach in den Raum gehen dürfen, müssen die Jüngeren vor der Tür warten und sich meist sogar noch in Zweierreihen aufstellen. Ein großer Unterschied hinsichtlich des Unterrichts ist, dass es in England keine mündliche Mitarbeitsnote gibt, zumindest nicht so, wie wir es aus Deutschland gewohnt sind. Dies gilt aber generell und nicht nur für die Sixth Form. Statt mündlichen Beiträgen zählt die Schriftlichkeit. Dazu zählen im Unterricht bearbeitete Aufgaben, sowie Hausaufgaben. Hausaufgaben werden hier öfter mal eingesammelt und benotet, manchmal angekündigt, manchmal nicht. Oft kommt es auch vor, dass man im Unterricht die Hausaufgaben vergleicht und Ergänzungen mit einem lila Stift hinzufügt, aber die Lehrerin oder der Lehrer sie nachher einsammelt. Zudem kann es sein, dass man in einem Fach verschiedene Lehrer hat und mit diesen unterschiedliche Themen behandelt.

Ein weiterer großer Unterschied ist die Fächerauswahl. Erstens muss man nur vier bis sechs Fächtimetable-2er wählen und zweitens ist das Angebot ein ganz anderes. Natürlich gibt es die Standardfächer wie Mathe, Englisch, Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und Sport, aber es gibt auch andere wie Fotografie, Business, Tanzen, Health & Social Care (etwas wie Pädagogik), Media Studies (Werbung- und Filmanalysen), Travel and Tourism und Ingenieurswissenschaft/Technik. Das einzige, was man am Spires in der Sixth Form vermisst, sind die Fremdsprachen. Zudem gibt es viel weniger Regeln, die man bei der Fächerwahl beachten muss. Der einzige Satz auf dem Wahlzettel ist „Bitte wählen Sie mindestens vier Fächer, eines aus jedem Block“. In einem Block sind aber nicht zum Beispiel alle Naturwissenschaften, sondern Querbeet alles durcheinander. Mathe und Englisch sind aber Pflichtfächer. Von wegen entweder Geschichte oder Sozialwissenschaft oder mindestens eine Naturwissenschaft. Keine Lust auf Physik? Dann kann man zum Beispiel einfach Kunst nehmen. Das darf man sich aber nicht so vorstellen wie in Deutschland. Es wird viel mehr von einem erwartet, denn der Kurs ist ein A-Level-Kurs. Außerdem arbeitet man viel mehr praktisch.

franka_auslandEin ganz besonderes Privileg der Sixth Form in England ist, dass die Schülerinnen und Schüler keine Schuluniform mehr tragen müssen. Lediglich ein Bändchen mit der Student ID-Card muss stets sichtbar getragen werden. Die Kleiderordnung lockert sich aber generell in der Sixth Form. Im fünfseitigen Uniform Information Booklet steht noch eine ganz genaue Beschreibung, was man darf und was nicht. Nicht erlaubt sind zum Beispiel lackierte Nägel und Make-Up; die ein oder andere jüngere Schülerin sah man schon, die sich auf der Toilette traurig die Wimperntusche abschminkte, die sie am Morgen noch so eifrig aufgetragen hatte. Hinsichtlich Schmuck ist nicht mehr als ein schlichtes Paar Ohrringe und ein schlichter Ring erlaubt und auch zu Schuhen, Blusen und Strumpfhosen oder Socken gibt es eine lange Liste von Verboten und Anforderungen. Im Sixth Form Student Handbook heißt es in einem kurzen Absatz lediglich, man soll sich kleiden wie in einem informellen Arbeitsumfeld, nicht zu viel Schmuck und kein extremes Haarstyling.

Zusammengefasst ist der Oberstufenbereich größer als in Deutschland, die Fächerwahl unkomplizierter und im Unterricht zählt mehr die Schriftlichkeit. Dass man in der Sixth Form im Gegensatz zu den niedrigeren Klassen viel weniger Regeln folgen muss, liegt daran, dass die Schulregeln einfach strenger sind als am K-A-G.

 

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